tag 4

Liebe Karin,

heute extra zur Feier Deiner Ankunft: Hebel‘s Homeoffice proudly presents „original griechischen“ Feta! Ich weiß, da kannst Du nur grinsen in Deinem original griechischen Urlaubsparadies, aber ich werde beim Essen an euch denken.

Ich will Dir nicht verhehlen, dass mir heute die weniger angenehmen griechischen Zustände über den Weg gelaufen sind. Aber es trifft sich nun mal, dass ich an einem Text über einen gewissen Herrn Armin Laschet gearbeitet habe, sonst war halt nichts los. Und ich bin sicher, Du lässt Dir die Erholung nicht verderben. Weil Du nämlich so gut weißt wie ich, dass das Loslassen vom Elend der Welt, das Ausspannen und Genießen der beste Weg ist, um Kraft zu schöpfen, die Du brauchen wirst, wenn es wieder darum geht, sich all den Verrücktheiten auf diesem Globus zu stellen.

Der Herr Laschet war nämlich auch gerade in Griechenland, das weißt Du sicher, und er wollte sich allen Ernstes das Elend im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos anschauen. Nicht etwa, um endlich die Leute komplett da rauszuholen (vielleicht 15.000, wo ist das Problem für Deutschland?). Sondern um für zu Hause eine humanitäre Show abzuziehen, er will schließlich CDU-Vorsitzender werden.

Die Leute im Lager haben so heftig protestiert, dass Laschet lieber draußen geblieben ist. Geht doch! Ich habe das in meinem Porträt, das demnächst in der FR erscheint, als Beispiel für die Verlogenheit von Zuschreibungen wie „liberaler Flügel der CDU“ erwähnt. 

Aber jetzt ist Schluss. Ich habe eine kleine Malaise an der Schulter und gehe zur Krankengymnastik. Und Du wahrscheinlich schwimmen, viel Spaß dabei!

Besitos

Dein Stephan 

tag 2

Liebe Karin,

schön, dass ihr negativ seid! Klingt immer noch gewöhnungsbedürftig, aber Du weißt ja, wie es gemeint ist. Dann bleibt bitte weiter gesund.

Mir geht es gut auf meinem Homeoffice-Balkon, und wie Du siehst, unterbreche ich manchmal die Arbeit am Laptop und tue so seltsame Dinge wie Texte lesen, die auf Papier gedruckt sind. 

Gestern Abend waren die liebe Gattin und ich mit meinem Bruder essen – draußen natürlich und mit Abstand –, und wir hatten ein sehr schönes Gespräch über diese seltsame Unübersichtlichkeit, die wir in der verrückt gewordenen Welt spüren. Kaum schlage ich am Morgen danach die Zeitung auf, sehe ich die Kolumne unseres gemeinsamen Bekannten Michael Herl: „Überblick verhindert Jogginghose“. Was der Michel sagen wollte: Wer die unübersichtlichen Dinge nicht ordnet, fällt leicht der Verwahrlosung anheim, und dann ist es nicht mehr weit bis zum Spaziergang mit Jogginghose, ungeduscht. Ich bin sofort Zähneputzen gegangen. 

Mit das Schönste am Urlaub ist ja, dass die Dinge, die man aufräumen und sortieren müsste, zu Hause bleiben. Jedenfalls die Gegenstände, mit den eigenen Zuständen ist es natürlich was anderes. Aber spannend ist es auch daheim: Es gibt so viel zum Nachdenken, so viel Bewegung um mich herum, die mich umtreibt – mal mit Sorge, mal mit Freude –, dass es mir keine Sekunde langweilig wird. Ich werde berichten.

Besitos! Dein Stephan