wieder im leben

Sie wirkt milder als vor ihrer Entführung, aber ihre Kraft scheint ungebrochen. Ingrid Betancourt kehrt auf die politische Bühne Kolumbiens zurück –
und könnte das zerrissene Land versöhnen. Porträt einer Kämpferin

Sie habe sterben wollen, schrieb die Gefangene aus ihrem Kerker im Regenwald. Das Leben hier sei kein Leben, nur finsterer Schutt aus Zeit. Im Dezember 2007, Ingrid Betancourt war damals seit nahezu sechs Jahren Geisel der Rebellenarmee Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Farc), schrieb sie in diesem Brief an ihre Mutter: »Hier hat alles zwei Seiten, die Freude kommt und nach ihr der Schmerz. Das Glück ist trist. Die Liebe erleichtert und reißt Wunden auf, sie ist Leben und Sterben aufs Neue.« Viele Bauern in Kolumbien haben in den vergangenen Jahren behauptet, sie hätten ihren Leichnam gesehen. Geheime Militärkommandos haben an etlichen Orten des Landes nach ihrem Grab gesucht. Was die Welt am Nachmittag des 2. Juli 2008 auf dem Militärflughafen Catam der Hauptstadt Bogotá am Fernseher miterlebt, lässt selbst Ungläubige die Möglichkeit der Auferstehung von den Toten wohlwollend prüfen.

Als Ingrid Betancourt kaum 48 Stunden nach ihrer Befreiung, auf dem Militärflughafen Villacoublay bei Paris aus dem dunklen Inneren der Maschine in die Sonne tritt und allein, lächelnd, sehr langsam die Stufen der Gangway heruntergeht, an deren Fuß Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni warten, sieht sie hagerer, abgezehrter aus, als es die ersten Fernsehbilder aus Kolumbien vermuten ließen. Sie trägt noch immer den schwarzen Hosenanzug, noch immer ist ihr Haar zu einem hüftlangen, spitz auslaufenden Zopf geflochten.

Und doch wirkt es, als sei ausgerechnet sie es, die Halt gibt, als sie den Präsidenten in die Arme schließt. Sie schenkt Sarkozy die Fernsehbilder, den Dank, die Worte, auf die er keinen Anspruch mehr erheben kann, nachdem die französische Regierung dem Befreiungsprozess während der vergangenen Monate nur noch hinterhergehinkt ist. Aber kaum ein Wort der Kritik kommt über ihre Lippen seit der Befreiung, die sie, tief gläubige Katholikin, immer wieder als »Wunder« bezeichnet.

Die Frau, die auf dem kolumbianischen Militärflughafen Catam auf die Knie sank und betete, ist eine andere als die, die von den Farc am 23. Februar 2002 entführt wurde, am Rande der Landstraße nach San Vicente del Caguán. Soldaten eroberten damals die Zone zurück, die sie drei Jahre zuvor für Friedensgespräche zwischen Regierung und Guerilla geräumt hatten. Kolumbien war zum offenen Krieg zurückgekehrt, zwischen Armee, Paramilitärs und Rebellen. Betancourt, seinerzeit Präsidentschaftskandidatin, wollte in San Vicente, mitten im Kampfgebiet, den gefährdeten Bewohnern einer Kleinstadt beistehen, die einen Mann zum Bürgermeister gewählt hatten, der ihrer Partei Oxígeno Verde angehörte.

Kolumbianischen Medien galt die damals 40-Jährige als hysterisch, wo männliche Kollegen als streitbar bezeichnet worden wären. Besonders übel nahm man ihr die Autobiografie Die Wut in meinem Herzen, in der sie ihren Werdegang, ihren Kampf gegen die Korruption und ihr Leben in ständiger Bedrohung in Kolumbien beschrieb. Mitunter war der Ton tatsächlich ein wenig eitel, selbstgefällig und erweckte den falschen Eindruck, sie kämpfe auf völlig einsamem Posten, obwohl sie im persönlichen Gespräch verbindlicher, auch differenzierter in ihrem Urteil wirkte. In Frankreich, wo sie als Tochter aus gutem Hause aufgewachsen war, wurde das Buch bereits kurz nach Erscheinen zum Bestseller. »Kolumbiens Jeanne dArc«, titelten französische Medien.

Für die Politik hatte Ingrid Betancourt ein Leben aufgegeben, von dem die meisten Kolumbianer träumen, wenn sie stundenlang vor den europäischen Konsulaten der Hauptstadt für ein Visum Schlange stehen. Ihr Vater, Gabriel Betancourt, war Diplomat in Frankreich und Bildungsminister in Kolumbien. Ihre Mutter, Yolanda Pulecio, mehrfache Schönheitskönigin, arbeitete als Abgeordnete der Liberalen Partei und gründete Heime für Straßenkinder in Bogotá, wo die Jungen »Mami!« riefen, wenn ihr Wagen in die Einfahrt rollte. Im Präsidentschaftswahlkampf von Luis Carlos Galán war sie für die Logistik zuständig. Als er am 18. August 1989 ermordet wurde, entging sie dem Attentat nur durch Zufall, weil sie auf dem Weg zur Tribüne stolperte und nicht an seiner Seite stand, als die Schüsse fielen.

Damals, wenige Wochen vor der Entführung, sagte Yolanda Pulecio mit flatternden Lidern, sie habe manchmal Angst um ihre Tochter, aber sie werde sie nicht von ihrer Kandidatur abhalten: »Ich habe Vertrauen zu Gott und zu Ingrid.«

[quote]»Heute weine ich vor Freude.«[/quote]

Auf dem Flughafen in Paris tritt Yolanda Pulecio als Letzte aus dem Flugzeug. Eine große Sonnenbrille verdeckt ein Drittel ihres Gesichts. Jahrelang war sie es, die das Gespräch suchte, sich mit Staatsoberhäuptern traf, drängte, bat, flehte, man möge den kolumbianischen Präsidenten lvaro Uribe davon abbringen, mit einer bewaffneten Befreiungsaktion das Leben der Geiseln zu gefährden. In einem Gespräch im vergangenen Februar hatte sie gesagt: »Das Einzige, worauf ich warte, ist Ingrids Rückkehr, danach kann ich in Ruhe sterben. Sie ist mein Leben.« Yolanda Pulecio drückt die Schulter ihres jüngsten Enkels, während ihre Tochter auf dem Rollfeld ins Mikrofon sagt, sie habe in den vergangenen Jahre oft geweint, vor Schmerzen, vor Demütigung. »Heute weine ich vor Freude.« Ihre Stimme bebt, unterlegt vom anschwellenden Klackern der Kameras. Wenige Meter entfernt liegen sich ihre Schwester, ihre beiden Kinder und ihr früherer Ehemann in den Armen. Ihr zweiter Mann, Juan Carlos Lecompte, ist in Bogotá geblieben. Sein Mobiltelefon ist seit Tagen ausgeschaltet.

Ingrid Betancourt hat schon früher, vor ihrer Entführung, oft von Gott gesprochen. Damals führte sie ihn am Rande ihrer Interviews mit, selbstverständlich, wie einen Teil ihres Wahlkampfteams. Seit ihrer Rückkehr liegt missionsähnliches Pathos in ihrer Stimme, wenn sie der Jungfrau Maria für das Ende ihrer Gefangenschaft dankt, als gelte es, die Jeanne-dArc-Symbolik vollständig einzulösen. Während sie am Flughafen Vertreter der Solidaritätskomitees umarmt, die sich seit Jahren auf der ganzen Welt für ihre Freilassung engagiert haben, baumelt an ihrem linken Handgelenk der fahlgrüne Rosenkranz, den sie im Regenwald aus Stroh und Zweigen gewunden haben muss.

Ingrid Betancourt ist leiser geworden, versöhnlicher, aber ihre Stimme scheint durch diese Veränderung an Gewicht zu gewinnen. Sie ist nicht mehr die Kandidatin, die an den Verkehrsampeln der Hauptstadt Viagra verteilt, »damit Kolumbien wieder einen hochkriegt«, an Straßenkreuzungen Kondome ausgibt, um vor der Korruption zu schützen, die in Hungerstreik tritt, um mediale Berichterstattung zu erzwingen die Frau, der jedes Mittel recht war, um die konservativen Kräfte des Landes zu provozieren. Sie ist milde geworden. Sehr milde. Dankt Präsident und Streitkräften, die sie früher wegen ihrer Nähe zur Drogenmafia und wegen des laxen Umgangs mit Menschenrechten regelmäßig anklagte.

Erstaunlicher als die Veränderung allerdings ist die charismatische Kontinuität, die sie in den Tagen nach ihrer Befreiung bewiesen hat, die Entschlossenheit ihrer Rede, die Präzision in der Bewertung des aktuellen politischen Geschehens. Sie lässt in Interviews größere Pausen entstehen als früher, aber das mag den Strapazen geschuldet sein. Gleiches gilt für pathetische Aussetzer wie die Bemerkung in ihrer ersten Ansprache: »Alle Kolumbianer, die nach Frankreich kommen, wissen, dass sie willkommen sind.«

Es ist kaum vorstellbar, dass sich das französische Präsidentenehepaar ganz gegen das Protokoll auf den Weg zum Flughafen, zur Gangway gar, gemacht hätte, wäre nicht Ingrid Betancourt, sondern eine franko-kolumbianische Reinigungskraft aus der Geiselhaft befreit worden. Ein Polizeikonvoi geleitet den Autokorso vom Flughafen zum Élysée-Palast, Limousinen mit verdunkelten Scheiben, Polizisten auf weißen Motorrädern Bilder, die an den Wahlkampf von 2002 erinnern, als in Bogotá 15 Bodyguards in Schichten arbeiteten, um das Leben der Präsidentschaftskandidatin zu beschützen. Ihre privilegierte Herkunft hatte in Kolumbien immer wieder ein Einfallstor für Kritik geliefert, vor allem für die Linke, die ihr vorwarf, sich mit ihrem sozialliberalen Programm für die Veränderung von Verhältnissen einzusetzen, die sie nur vom Hörensagen kenne.

Ingrid Betancourt wuchs in Frankreich auf. Zu den Gästen im Haus ihrer Eltern zählten namhafte Politiker und Intellektuelle. Das Bild mit persönlicher Widmung, das ihr der chilenische Dichter Pablo Neruda bei einem Besuch schenkte, bewahrte sie wie eine Inkunabel. Später besuchte Betancourt in Bogotá das französische Gymnasium und studierte anschließend in Paris an einer Elitehochschule für politische Wissenschaften. Mit ihrem ersten Ehemann, Fabrice Deloye, lebte sie in Europa, Ecuador und auf den Seychellen.

Über einen kurzen Aufenthalt in Kolumbien im Sommer 1986 schrieb sie in ihren Memoiren: »Ich habe keinen realen Bezug, dafür bin ich zu angefüllt mit Idealen, die durch Entfernung und Schuldgefühle genährt worden sind, zu sehr von einer halsstarrigen und naiven Liebe für ein Land erfüllt, dessen Leid ich zwangsläufig nie geteilt habe.« Wenige Jahre später kehrte sie nach Kolumbien zurück und hinterließ die beiden gemeinsamen Kinder, Mélanie und Lorenzo, bei deren Vater, aus Sicherheitsgründen. Zynisch könnte man sagen, sie habe die fehlenden Lektionen in den vergangenen sechseinhalb Jahren im Intensivkurs nachgeholt.

Wem im Leben wenig Böses widerfahren ist, dem fällt es leichter, an das Gute im Menschen zu glauben. Ingrid Betancourt verfolgte diesen Glauben im Wahlkampf mit sympathischem Trotz, vielleicht auch mit einem Schuss Naivität, der ihr am Morgen jenes 23. Februar 2002 zum Verhängnis wurde. Sie muss davon überzeugt gewesen sein, die Guerilla werde sie und ihre Wahlkampfhelfer im Jeep ziehen lassen, weil sie für eine Fortsetzung des Friedensdialogs eintrat. Schon damals gab es einen wesentlichen Unterschied zwischen ihr und dem kolumbianischen Establishment, zu dem auch ihre Familie zählt. Ingrid Betancourt war bereit, wild entschlossen sogar, ihre Privilegien zu teilen ohne den Paternalismus, der so oft den sozialen Einsatz der Oberschicht prägt. Eine Szene bei der Pressekonferenz im Hotel Marigny in Paris erhellt diesen Unterschied, der auch einer zwischen Mutter und Tochter ist. Eine junge Frau meldet sich zu Wort, stellt sich lang und breit als Künstlerin aus Ecuador vor, wallendes Kleid, ein Tuch um den Kopf. Ihre Bewunderung für Ingrid Betancourt kenne keine Grenzen ob sie denn nun vorhabe, ein Buch zu schreiben. Kurz: ein etwas aufdringlicher Auftritt.

Ingrid Betancourt hat kaum geschlafen. Als sie unter der Dusche stand und ihr Sohn versehentlich das Licht löschte, erlitt sie eine Panikattacke. Sie hat eine Ansprache am Flughafen gehalten, die ihr Tränen in die Augen trieb, einen Empfang im Élysée-Palast absolviert, gibt gerade eine Pressekonferenz. Und jetzt diese Frage. Yolanda Pulecio grinst schief in die Reihen der Journalisten: Muss das sein? Ingrid Betancourt hört die Frau an, ohne eine Miene zu verziehen. Dann antwortet sie: Ja, sie habe vor, ein Buch zu schreiben, aber es gebe vieles, was ihr im Moment noch unaussprechlich erscheine. Vielleicht werde sie mit einem Theaterstück versuchen, »mich selbst davon zu befreien«. Die junge Frau lächelt dankbar. Man mag an dieser geschmeidigen Reaktion die professionelle Politikerin erkennen. Aber wer noch in diesem Zustand dazu fähig ist, muss mehr in sich tragen als antrainierte Strategie.

Am Abend, vor dem Pariser Rathaus, drängen sich die Menschen, um zu sehen, wie in Betancourts Anwesenheit ihr gigantisches Porträt von der Fassade genommen wird, das 2320 Tage lang an ihre Gefangenschaft gemahnte. Nie vergisst sie, bei solchen Gelegenheiten darauf hinzuweisen, dass der Kampf gegen Entführungen nicht mit ihrer Befreiung enden dürfe, dass auch Frankreich sein Engagement fortsetzen müsse. Aber es ist fraglich, wie realistisch diese Forderung sein kann. Während Präsident Uribe im Fall Betancourt aufgrund ihrer doppelten Staatsbürgerschaft die französische Einmischung notgedrungen hinnehmen musste, wird er sich die missliebige europäische Mitsprache in Zukunft wohl deutlicher verbitten. Betancourts Tournee des Dankes durch Europa droht so auch eine Abschiedstournee zu werden.

Nicht nur Frankreich, auch Kolumbien feiert die Rückkehr der einst umstrittenen Präsidentschaftskandidatin. Ein Restaurant in der Hauptstadt bietet »Freiheitsmenüs« an, mit »Ingrid-Suppe«, »Keine-Todesopfer-Salsa« und »Operation-Schach-Gemüse«. Für den 20. Juli ist eine landesweite Demonstration für die Entführten geplant, an der Ingrid Betancourt auf Bitten ihrer Familie nicht teilnehmen wird.

Bei aller Freude über den gelungenen Coup des Militärs hat die Befreiung der 15 Geiseln doch einen Preis gefordert, dessen Höhe sich erst in Zukunft ermessen lassen wird. Denn möglich wurde die Aktion nur, weil alle Spielregeln gebrochen wurden, die bisher beim Austausch von Gefangenen galten: Bei den angeblichen NGO-Mitarbeitern und internationalen Journalisten, die für die Sicherheit der Guerilla garantieren sollten, handelte es sich um getarnte Soldaten. Sollten sich die Farc auch nach dem jüngsten Schlag nicht auf Verhandlungen einlassen, werden Menschenrechtsaktivisten und ausländische Journalisten zukünftig unter wesentlich stärkerer Gefährdung leben. Und auf Sicherheitsgarantien beim Gefangenenaustausch werden sich die Rebellen kaum mehr allein verlassen.

Schon am Tag nach der Befreiung kamen Gerüchte auf, der Coup sei eine Inszenierung zugunsten von Uribes Politik der »harten Hand« gewesen, tatsächlich sei Lösegeld geflossen. Ingrid Betancourt selbst hält das für abwegig. Sie habe das Gesicht des Mannes gesehen, der sie über vier Jahre lang gequält habe, sagt sie in Paris die Angst darin lasse sich nicht vortäuschen.

Zudem erscheint eine einfache Erklärung naheliegender: Dem bei der Aktion festgenommenen Comandante »César« war schon 2006 der Polizist John Pinchao nach achtjähriger Gefangenschaft entwischt, einer der wenigen, denen jemals die Flucht in die Freiheit gelang. Im vergangenen Januar verursachte der Comandante eine weitere Panne, als die Farc-Spitze die Auslieferung des kleinen Emmanuel in Aussicht stellte, offenbar ohne zu wissen, dass »César« den vierjährigen Sohn von Betancourts früherer Wahlkampfhelferin schon vor Jahren Bauern zur Pflege übergeben hatte. Mit der Kommunikation zwischen Geiselaufseher »César« und seinen Vorgesetzten kann es demnach nicht zum Besten bestellt gewesen sein. Gut möglich, dass er notgedrungen auf die fingierte Order reagierte, die 15 Geiseln an einen anderen Ort zu verbringen.

Während sie sich in Frankreich im Kreis ihrer Familie von den Strapazen der über sechsjährigen Geiselhaft erholt, kreisen in Kolumbien bereits Gerüchte über Betancourts politische Zukunft. Sie selbst hat bisher nur angekündigt, sie wolle sich zusammen mit einem früheren Mitgefangenen für die Freilassung der zurückgebliebenen Geiseln einsetzen. Weitere Kommentare verlieren sich im Ungefähren. Sie sei bereit, sagt sie in Paris, ihrem Land zu »dienen«.

Nach einer Umfrage des kolumbianischen Nachrichtenmagazins Semana würden 31 Prozent der städtischen Bevölkerung eine Präsidentschaftskandidatur Betancourts unterstützen, nur 15 Prozent jedoch für den aktuellen Verteidigungsminister Juan Manuel Santos stimmen, der als Nachfolgekandidat Uribes gehandelt wird, sollte dieser nicht noch einmal kandidieren. Interessant wird sein, wie sich das Verhältnis zwischen Betancourt und Uribe entwickelt. Im Wahlkampf 2002 zählte sie zu seinen schärfsten Kritikern und griff ihn wegen seiner Verbindungen zu den Paramilitärs öffentlich an. Am Mittwoch nach ihrer Befreiung war sie des Lobes voll aber dabei wird es kaum bleiben. Ausschließen lässt sich vermutlich, dass Betancourt, wie ebenfalls spekuliert worden ist, als Vizepräsidentin kandidieren wird. Politisch stehen beide an entgegengesetzten Enden des politischen Spektrums. Ihre Pressekonferenz in Paris schloss sie mit den Worten, sie wolle noch immer die Welt verändern.

Am wahrscheinlichsten und aussichtsreichsten wäre eine Doppelkandidatur mit dem Vertreter des linken Parteienbündnisses Polo Democrático, Lucho Garzón. Beide haben im Wahlkampf 2002 kandidiert. Beide machten sich als Einzige für eine Fortsetzung des Friedensdialogs stark. Beide haben eine soziale Agenda. Und beide hatten damals keine Chance.

Inzwischen hat Garzón vier Jahre lang als beliebter Bürgermeister Bogotás bestanden, ein Amt, das als Sprungbrett für die Präsidentschaft gilt. Betancourt schlägt seit ihrer Befreiung versöhnlichere Töne an zur Erleichterung der mehrheitlich pro-uribistischen Bevölkerung. Die deutliche Distanzierung von den Farc, mit der sich die kolumbianische Linke immer schwer getan hat, dürfen Wähler beim Doppel Garzón-Betancourt voraussetzen. Jeanne dArc könnte zum Sturm ansetzen auf eine der letzten konservativen Bastionen Lateinamerikas.

erschienen im Juli 2008 in DIE ZEIT
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