Liebe Karin,
das Foto habe ich gemacht, bevor ich erfahren habe, dass Olaf Scholz Kanzlerkandidat der SPD wird. Super-Tag, na ja. Das ist sicher nicht das wichtigste Thema auf Erden, aber mich belastet es schon, wie dieses Land offenbar mit Vergnügen in eine Zukunft döst, die etwas anderes erfordern würde als einen Verwalter bestehender Verhältnisse.
Ich habe gleich über Scholz geschrieben, erst einen schnellen Online-Kommentar und dann den Leitartikel für die FR von morgen. Mir tut das immer ganz gut – ein großartiges Privileg, wenn man seine Gedanken, seine Kritik, seine Sorgen, seine Einschätzung gleich in eine Form bringen darf, die andere hoffentlich zum Weiterdenken anregt (oder wo ich mir das zumindest so einbilden kann).
Ich habe mich gefreut, dass Du gestern ganz am Schluss noch geschrieben hast, ich solle mir keine Sorgen machen. Vielleicht geht es euch ja immer besser, je mehr ihr euch von dem Fluchtgedanken verabschiedet? Vielleicht gibt es einen Rhythmus, in dem man dem Virus die Phasen des Genusses abringen kann, ohne es vergessen zu müssen? Vielleicht ist der Schorf an der Wunde, von dem Du schreibst, wie im „richtigen“ Leben ein Zeichen der Heilung, der Wiederherstellung einer Schutzschicht?
Die Männer mit den freien Nasen sind mir übrigens auch schon aufgefallen. Aber an den Spruch „Wie die Nase des Mannes…“ mochte ich noch nie glauben. Vielleicht weil es unangenehm ist, daran zu denken, wenn man sich manche Rotzlöffel anschaut, die so rumlaufen. Oder fahren, um beim Schwanzding zu bleiben: Unterdimensionierte Männer in ihren überdimensionierten Kisten. Am liebsten röhrend, auf jeden Fall irgendwas kompensierend.
Nebenan plantschen Kinder im Pool der reichen Nachbarn, und ich denke an euch beim Schwimmen. Bleibt meerumschlungen!
Besitos, Stephan
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