tag 29

lieber stephan,

für deinen leitartikel bekommst du einen ganzen honigtopf für dich allein! ich muss gestehen, dass ich am samstag, während der demo, zum ersten mal in urlaubsstreik getreten bin und versucht habe, einfach gar nichts davon zur kenntnis zu nehmen, vorerst jedenfalls. ich hab ja so schon keine lust wieder nach hause zurückzukommen.

am montagmorgen, der mit einem herzergreifenden sonnenaufgang über dem ionischen meer begann, sind wir losgefahren. nach fünf stunden im auto war griechenland vorbei. ein- und ausreisen kann man auf dem landweg nach wie vor nur über einen einzigen grenzübergang, promachonas, und die bulgaren haben uns einreisen lassen – nicht sehr freundlich, aber das ist in diesem jahr auch gar nicht so wichtig, jedenfalls gab es keine schwierigkeiten. übernachtet haben wir auf einem winzigen campingplatz 40 kilometer westlich von sofia, den wir schon von der hinreise kannten. es gibt ein kompostklo, eine außendusche und wlan. die inhaber, eine kanadierin und ihr bulgarischer mann, haben ein paar stellplätze ins feld gesenst und sind so hinreißend, dass wir bulgarien morgen mit einem fetten freundlichkeitsplus verlassen werden, trotz grenzer.

am abend, bei kerzenlicht unter der offenen heckklappe unseres autos, haben wir uns eine geschichte für die einreise morgen in serbien überlegt, die ist nämlich womöglich ein bisschen heikel. wir haben diverse webseiten konsultiert, auf denen es heißt:

a) man dürfe sich zuvor nicht länger als zwölf stunden in bulgarien aufgehalten haben

b) man müsse serbien innerhalb von zwölf stunden durchqueren.

die offene frage ist, ob oder oder und, ob man uns getrennt dazu befragen wird. oder ob sich in der praxis einfach keine sau dafür interessiert.

wir wollen dann weiter über ungarn, allerdings will ungarn ab morgen keine ausländer mehr einreisen lassen. wie es mit transit aussieht? die einen sagen so, die anderen so, wir werden sehen. 

gesehen hab ich übrigens auch, wie espenlaub zittert, es klingt nach regen. und am horizont versank die sonne hinter serbischen bergen.

besitos

* karin

tag 3

lieber stephan, 

bitte verzeih, dass ich mich erst jetzt melde. hatte unterschätzt, wie anstrengend das ist, mit dem auto quer durch europa zu fahren, selbst wenn man nur auf dem beifahrersitz herumlungert, ab und zu dem fahrer was vorliest und die buchstaben G-R-E-E-C-E auf ein stück stoff stickt (frag nicht). an den grenzen, vor denen wir uns ein bisschen gefürchtet hatten, lief alles superglatt. kaum stau, hier und da mal perso raushalten und weiter. bisher kannte ich weder ungarn noch rumänien noch bulgarien, und obwohl ich auch jetzt kaum behaupten kann, wirklich dort gewesen zu sein, haben mir die länder im vorbeifahren immerhin sehr gut gefallen. man müsste mal wiederkommen, mit mehr zeit und weniger virus. wir haben storchennestern auf leitungsmasten gesehen, sprudelnde bäche, grüne berge, marode residenzen in unwirklichen dörfern und natürlich: donau, donau, donau. 

das ferienhaus in griechenland hatte thilo schon im vergangenen herbst gebucht, als von corona noch keine rede war. im märz war ich sicher, dass wir die reise würden stornieren müssen. im april fing ich an hoffnung zu schöpfen – und thilo baute uns ein bett ins auto, damit wir möglichst kontaktfrei von frankfurt an den pilion kommen. das hat hervorragend funktioniert. 

was ich unterwegs angefasst habe: 

  • unser auto
  • sachen aus unserem auto
  • meinen mann

fertig. 

ein bisschen länger gedauert hat es an der grenze zu griechenland. an einer art schleuse wurde unser wagen mit desinfektionsmittel besprüht (warum auch immer), nicht wirklich doll, nur ein paar spritzer. am grenzübergang kontrollierte man unsere passenger location forms, auf denen man angeben muss, wo man sich in griechenland aufhält. um die corona-tests ging es offenbar, als ich gerade am grenzhäuschen persos zeigen war, deshalb haben sie meinen gar nicht kontrolliert. ich muss zugeben, dass mich das ein bisschen geärgert hat. es ist wie mit einem einser-abi. irgendwie gut, dass man es hat, aber wirklich interessieren tut sich nie jemand dafür. naja. 

vom wiedersehen mit griechenland erzähl ich dir heute abend, 

besitos

* karin