tag 28

Liebe Karin,

selten habe ich mich so gefreut, nichts zu kapieren! Dein kleines Rätsel zu Iason und dem Goldenen Vlies hat mich vollkommen ratlos zurückgelassen, aber das zeigt ja nur, dass ich mit meiner eklatanten Unkenntnis in Sachen griechische Mythologie nicht ganz alleine bin. Ich wusste gar nicht, dass wir auch das gemeinsam haben! Aber bevor Du mich missverstehst: Du hast garantiert mehr Ahnung davon als ich…

Ich sitze heute am Küchen-/Esstisch mit etwas wettertraurigem Blick in die Nachbarsgärten, über denen bei 16 Grad ein grauer Himmel lastet. Mit Mythen musste ich mich allerdings auch beruflich beschäftigen. Dafür haben diese teils verqueren und zum großen Teil brandgefährlichen Menschen gesorgt, die am Wochenende unter dem Vorwand von Corona ihr Verschwörungszeug losgelassen haben. Ich habe ja sehr viel zu kritisieren an der Politik. Aber das wird wirklich nicht leichter, wenn jeder vernünftige Zweifel durch Deutsches-Reich-Fantasien, Zwangsimpfungs-Geschichten, antisemitische Weltverschwörungs-Erzählungen oder den Quatsch von der „Merkel-Diktatur“ übertönt wird. 

Merkel macht aus meiner Sicht eine weitgehend falsche Politik, aber eine Diktatorin ist sie doch nicht! Hätten wir eine Diktatur, würden sich diese Leute wohl so wenig auf die Straße trauen wie wahrscheinlich ich…

Immerhin hatte ich mal wieder das Privileg, einige meiner Gedanken in einem Leitartikel aufschreiben zu dürfen. Und den habe ich hier jetzt einfach mal verlinkt.

Wenn er Dir gefällt, kannst du mir ja ein bisschen von Deinem Honig ums Maul schmieren. Guten Start nach Hause, nehmt Wärme und Sonne mit!

Besitos, Dein Stephan

tag 27

lieber stephan, 

ich kann gut nachfühlen, wie schwer euch die entscheidung gefallen sein muss, den urlaub auf teneriffa abzusagen! wir hatten den sommer in griechenland im april ja auch schon innerlich storniert, aber als dann die grenzen wieder aufgingen und wir eine möglichkeit sahen, kontaktfrei in den süden zu reisen, wollten wir’s versuchen. und es war richtig. 

gestern hab ich bei kostas (rechts im bild), dem besten und freundlichsten imker von lefkada, obszöne mengen honig gekauft. ich teile deine einschätzung, dass die kommenden monate ziemlich hart werden, da will man wenigstens einen schuss griechenland im tee haben. aber eigentlich wollte ich dir noch von jason und den argonauten erzählen. es ist nämlich so. der legende (also: ein paar internetseiten) zufolge, starteten jason seine reise auf der suche nach dem goldenen vlies im hafen von afissos, wo wir die ersten drei wochen unseres urlaubs verbracht haben. und nachdem ich schon kein griechisch spreche (bis auf danke, die rechnung, bitte und wir waren gerade scheißen und das schiff sinkt – eine redewendung, mit der sprecher große indifferenz zum ausdruck bringen), wollte ich mir wenigstens das mit den mythen genauer ansehen. bei wikipedia stieß ich auf folgende überlieferung: 

„Der Halbgott Pelias, Sohn des Poseidon und der sterblichen Tyro, verdrängte seinen Halbbruder Aison vom Thron von Iolkos und bemächtigte sich der Herrschaft über ganz Thessalien. Zu dieser Zeit befand sich Iason im Pilion-Gebirge, wo er von Cheiron erzogen wurde. Pelias erhielt von einem Orakel den Rat, sich vor dem in Acht zu nehmen, der nur einen Schuh trüge. Als Pelias zum Opfer für Poseidon einlud, kam Iason, um sein rechtmäßiges Erbe zu fordern. Auf dem Weg begegnete ihm an einem Fluss eine alte Frau (die verwandelte Hera). Diese bat den Helden, dass er ihr über den Fluss helfe. Beim Überqueren des Flusses verlor er einen Schuh im Schlamm. Pelias fragte nun Iason, wie er handeln würde, wenn er dieses Orakel erhalten hätte, und dieser antwortete, dass er die betroffene Person losschicken würde, um das Goldene Vlies zu holen, was Pelias auch tat.“

fertig? 

gut, dann jetzt scrollen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

wie heißt der halbbruder von pelias?

ist tyro sterblich oder halbsterblich oder ist das eigentlich egal?

muss pelias sich in acht nehmen von einem, der einen, keinen oder zwei schuhe trägt? 

und was ist mit sandalen?

warum muss ausgerechnet jason das goldene vlies holen? und wozu? ist hera kalt? 

ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich kann mir das alles nicht merken. auch die griechischen buchstaben fallen mir nicht ganz leicht, ich hab das gefühl, dass ich jedes jahr von vorne anfange sie zu lernen. neue sätze kann ich nur als lautfolge im kopf behalten, die ich bei bedarf aufsage wie eine melodie. und immer habe ich angst, statt um die rechnung zu bitten durch eine redewendung meine große indifferenz zum ausdruck zu bringen. 

anderen quellen (also: internetseiten) zufolge hat jason im hafen von afissos übrigens nur frisches wasser getankt. naja. 

besitos

* karin

tag 26

Liebe Karin,

das ist ja das Schöne an dem Flamingo: dass Du ihn aus reinem Altruismus erworben hast, um die lokale Wirtschaft zu unterstützen, während Thilo (Grüße!) ihn aus reinem Altruismus erträgt, schon aus Klimaschutz-Gründen (hier: Binnenklima/Paarbeziehungen). Schade nur, dass das Tier (der Flamingo!) nicht auf einem Bein stehen kann, aber das hätte der Hund ja auch nicht gekonnt, vom Aufblas-Coronatest ganz zu schweigen.

Ich war übrigens heute beim Arzt, Routine-Untersuchung, und der sagte, ich hätte ein gutes Herz. Tja, wenn man einen Arzt braucht, um das zu erfahren…

Ansonsten haben wir gerade beschlossen, dem verdammten Virus unseren Kanaren-Urlaub im Februar/März zu opfern. Wir hatten ein Traumhäuschen auf Teneriffa gebucht, waren aber ständig am Überlegen, vor allem auch wegen der Fliegerei, und überhaupt, ganz so jung wie mein Herz bin ich ja auch nicht mehr. Dann rief die Eigentümerin an und fragte, wie es steht, sie habe noch eine andere Anfrage, und das war der Wink des Schicksals: Stornieren.

Es wird das erste Jahr unserer Beziehung sein, in dem wir nicht die streichelnde Samtluft der Kanarischen Inseln spüren. Und das in einem Winter, von dem niemand weiß, wie eingesperrt wir sein werden. Na, wir denken schon über Inselspaziergänge an der Nordsee nach, uns fällt schon was ein. Und die liebe Gattin hat mir gleich eine Postkarte vor die Nase gestellt, auf der man immerhin den „Hausberg“ unseres Lieblingsortes auf Teneriffa sieht. Ja, das tröstet. Die Geste noch mehr als die Karte.

Dehnt eure letzten Urlaubstage, so gut es geht, damit sie ein bisschen länger werden!

Besitos, Stephan

tag 24

Liebe Karin,

bei dem Hundebild von gestern frage ich mich vor allem: Was ist in der Dose, die zwischen den Tieren liegt?  Womit cremst Du sie ein? Aber schön, die beiden mal wieder zu sehen, die liebe Gattin hatte schon gefragt, was sie machen. Na ja, Urlaub, man sieht’s.

Ich habe mich seit gestern in unser kleines Arbeitszimmerchen zurückgezogen, und Du siehst, der Blitz geht beim Fotografieren schon an. Du kannst Dir also ungefähr denken, was das über das Wetter aussagt. Noch geht’s, ich hoffe auf ein Treffen im Lieblings-Biergarten, wenn ihr wieder da seid, aber genießt erstmal noch das Licht und die Luft und das Wasser und alles, und dann hoffe ich, dass ihr einen guten Rückweg findet!

Ich arbeite gerade am Optimismus, hauptberuflich: Gestern ein sehr schönes Gespräch zur Vorbereitung des Podiums mit dem Berufsoptimisten Harald Welzer, und heute schaue ich mir für die FR den Online-Kongress „Zukunft für alle“ an. Das ist eine derartige Ansammlung von zuversichtlichen Zukunftskämpfern (und vor allem -innen)! Gerade flog von einem virtuellen Podium zum Thema „Wohnen im Jahr 2048“ der Satz einer Architektin vorbei: „Wir sind zum Handeln gezwungen. Und im Moment haben wir noch das Glück, dass wir das freudig tun können.“

Heute wollten wir eine liebe Freundin zum Tapas-Essen treffen, natürlich im Freien, aber das Wetter spricht eher dagegen. Beziehungsweise das Virus. Mal sehen… Wie sagte doch die Moderatorin auf dem Zukunftskongress: „Wir werden uns 2048 wieder treffen. Vielleicht ist dann Corona vorbei.“ Ja, Sarkasmus können sie auch, die Zukunftsoptimisten. Bleibt sonnig!

Besitos, Dein Stephan

tag 23

lieber stephan, 

anzünden!! man muss es anzünden!! und hier sitzen wir seit wochen um einen haufen kaffeepulver herum und wundern uns, warum die wespen trotzdem nicht abhauen. in unserer verzweiflung haben wir eine alternative entwickelt, die etwas aufwändiger ist: man kann die wespen mit wasser besprühen, dann denken sie, dass es regnet, und verziehen sich. die methode ist allerdings nicht sehr nachhaltig, was vermutlich damit zu tun hat, dass wespen ein schlechtes gedächtnis haben und deshalb ziemlich schnell zurückkehren, wenn man aufgehört hat zu regnen nämlich. außerdem beregnet man selten nur die wespe, sondern meistens auch das frühstück und einander, du siehst: nicht sehr praktikabel. 

ansonsten gibt es zu berichten, dass es langsam leerer wird in griechenland. der august neigt sich dem ende zu, unser urlaub leider auch – dabei wollte ich dir noch so viel erzählen. von unseren nachbarn, von griechischen buchstaben, phi unter anderem, und von jason und den argonauten. aber ein paar tage bleiben uns ja noch. 

für heute nur so viel: der hund kommt jetzt immer mit seinem dicken freund bei uns vorbei. und er ist wählerisch geworden, was das essen betrifft, dabei hab ich ihm extra leckerli besorgt. aber wenn ich ihm eins hinwerfe, schaut er mich genauso ratlos an wie ich schauen würde, läge man es mir vor die nase. macht aber nichts. der dicke frisst alles. 

besitos

* karin